WĂ€hlen Sie Ihr Land

Warum WindrÀder gelegentlich stillstehen

Immer wieder wird die Behauptung aufgestellt: Betreiber von Windanlagen lassen die WindrÀder stillstehen, um die Strompreise nach oben zu treiben. Das sind Fakenews! Ein Faktencheck.

01.2023 - ZurĂŒck zur Übersicht

Wenn sich die Gegner der Windkraft in den Sozialen Medien empören, scheint es dafĂŒr ein ungeschriebenes Gesetz zu geben: Je lauter und aggressiver die VorwĂŒrfe, desto dĂŒrftiger der Sachgehalt. Das konnte man einmal mehr beobachten, als sich unlĂ€ngst ein Autofahrer auf youtube lautstark per Video zu Wort meldete und Windanlagenbetreiber als „Stromverbrecher“ bezeichnete. Worin bestand nun das „Verbrechen“? Der Fahrer hatte auf einer Autobahn in der NĂ€he von Wien unbewegte WindrĂ€der gefilmt und behauptet, die Anlagen stĂŒnden still, weil sie zu viel Strom produzierten. Diese kĂŒnstlich erzeugte Stromknappheit diene nur dazu, die Energiepreise hochzutreiben, und der Windradbetreiber erhalte dafĂŒr auch noch eine Ausgleichszahlung.

Da das Video vor allem via WhatsApp vielfach geteilt wurde, fragte der APA-Faktencheck beim betreffenden Windradbetreiber nach, was der Hintergrund fĂŒr den Stillstand der Anlagen sei. Der Sprecher des Unternehmens konnte anhand von Wetterdaten und der Auswertung der Betriebssoftware plausibel nachweisen, dass der Stillstand den denkbar simpelsten Grund hatte: Es wehte zu dem Zeitpunkt einfach kein Wind. Wer beim Betrachten des Videos genau hinsah, konnte das ĂŒbrigens schon mit bloßem Auge sehen: Weder an BĂ€umen noch an BĂŒschen oder Stromleitungen waren durch Wind verursachte Bewegungen zu erkennen.

Gar nicht auszudenken, was in den Sozialen Medien los gewesen wĂ€re, wenn die WindrĂ€der trotz guter WindverhĂ€ltnisse stillgestanden wĂ€ren. Denn auch das kann gelegentlich vorkommen. Um kĂŒnftigen Empörern den Wind aus den Segeln zu nehmen (sofern das ĂŒberhaupt möglich ist), liefern wir ein wenig AufklĂ€rung, unter welchen Bedingungen ein Windrad abgeschaltet werden muss:

  1. Das Windrad hat eine Störung oder ein beschÀdigtes Bauteil muss ausgetauscht werden.
  2. Eine Wartung oder ein Ölwechsel im Getriebe wird vorgenommen.
  3. Zugvögel oder FledermĂ€use mĂŒssen gemĂ€ĂŸ Genehmigungsbescheid geschĂŒtzt werden.
  4. Das Windrad wurde erst kĂŒrzlich errichtet, und die Inbetriebnahme ist noch nicht abgeschlossen.
  5. Der Wind ist so stark, dass die fĂŒr den entsprechenden Anlagentyp maximal zulĂ€ssige Windgeschwindigkeit ĂŒberschritten wird. Das kommt aber in Österreich vergleichsweise selten vor. Sobald die WindstĂ€rke wieder im grĂŒnen Bereich ist, startet die Anlage automatisch.

Eine Behauptung des Autofahrers im Video kann jedenfalls ausgeschlossen werden: Es gibt keinerlei politische Vorgaben zur Erzeugung von Stromknappheit. Und Windradbetreiber lassen ihre Anlagen nur bei negativen Strompreisen stillstehen. Das bedeutet, dass der Stromerzeuger dafĂŒr zahlen muss, dass er Strom ins Netz liefert. Ja, das kann es geben. NĂ€mlich dann, wenn das Angebot die Nachfrage ĂŒbersteigt, wenn also mehr Strom produziert als verbraucht wird. Aber: Das ist im gesamten Jahr 2022 kein einziges Mal vorgekommen.

Theoretisch können allerdings die Netzbetreiber WindrĂ€der vom Netz nehmen, und zwar fĂŒr den Fall, dass die StabilitĂ€t des regionalen Versorgungsnetzes gefĂ€hrdet ist. Das kommt in Österreich im Rahmen von Bauarbeiten lokal und speziell in den Sommermonaten vor.

Ausbau der Stromnetze

Wenn jedoch der von der Politik geforderte massive Ausbau der Windkraft zur Erreichung der Klimaziele wie geplant von statten gehen soll, dann mĂŒssen die Stromnetze dementsprechend ausgebaut werden, um nicht kostbares GrĂŒnstrom-Potenzial zu verschwenden. Hier gibt es in der Tat Handlungsbedarf. Nur durch einen Ausbau und eine Flexibilisierung der regionalen Stromnetze ist die Energiewende machbar. Das ist den Netzbetreibern und den verantwortlichen Politikern auch durchaus bewusst. Jetzt gilt es, die Ärmel hochzukrempeln und rasch die nötigen Maßnahmen einzuleiten.

Der Klimawandel wartet nicht auf uns, sein Stillstand liegt tatsÀchlich in unseren HÀnden.